Lärm
Inhalt- Übersicht
- DYN A5 ist lärmtechnisch eine Fehlplanung
- Auszug aus dem Bebauungsplan "Rittmatten I"
- Quellenverzeichnis
Übersicht
Mit dem Produktionsbeginn des Pelletwerkes im Industriegebiet DYN A5 wurden Anwohner in einem bestimmten Sektor Orschweiers und im Westen Ettenheims vor allem nachts von einem Geräusch belästigt, das von ihnen eindeutig dem neuen Pelletwerk zugeordnet wurde, stoßen jedoch bei den Behörden, insbesondere den Verantwortlichen im Zweckverband auf taube Ohren. Verschiedene Ortstermine im Schlafzimmer von Betroffenen mit Ingenieuren des Pellet-Herstellers, darunter auch ein Schallgutachter aus Leipzig (20.06.2007), verlaufen für die Betroffenen enttäuschend: Es wird versucht, das Problem zu bagatellisieren und die Betroffenen als "ein paar wenige", besonders empfindsame Menschen hinzustellen (eine offenbar gängige Strategie). Ende Juni 2007 reichen 4 Bürger aus Mahlberg/Orschweier und Ettenheim eine Petition beim Landtag Baden-Württemberg ein. Hauptthema: Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigungen durch die Genehmigung eines Pelletwerkes in unmittelbarer Nähe zu Wohngebieten ohne Öffentlich- keitsbeteiligung und ohne Einflussmöglichkeit des Mahlberger Gemeinderates. Durch eigene Messungen konnte die tonale Auffälligkeit der Bandtrockner belegt werden. Nach einem weiteren Ortstermin am 30.12.2007 mit nahezu dem vollständigen Gemeinderat Mahlberg und beiden Bürgermeistern sowie der Presse wurde von Bürgermeister Bruno Metz eine Überprüfung der Problematik versprochen, nicht ohne die Bemerkung: "Liegt der Lärm unter den gesetzlichen Grenzwerten, dann ist er hinzunehmen...".Eine unendliche Geschichte?
- Gutachter Manfred Goritzka hat bereits in seinem Bericht [1] vom 28.06.2007 die tonalen Auffälligkeiten der Trockner bestätigt: "Der von den Bandtrocknern hervorgerufene Ton bei fTerz = 125 Hz kann bei Mitwindsituationen zu spürbaren tonalen Belästigungen führen. Schallmindernde Maßnahmen nach dem Stand der Lärmminderungstechnik sind somit zwingend umzusetzen."
- German Pellets lässt spezielle Absorber (Schalldämpfer) auf den Bandtrocknern installieren. Landrat Klaus Brodbeck und Eckhard Ibach, Chef der Gewerbeaufsicht, machen deutlich, "dass die Zuständigkeit für die Genehmigung und somit das Einfordern von Einhaltungen der Grenzwerte ebenso wie der Bereich der Sanktionen ausschließlich bei der Stadt Ettenheim liege". Am 14. Januar habe die Stadt Ettenheim die Gewerbeaufsicht um eine Abnahmeprüfung dieser (nach Firmenangaben 400.000 Euro teuren) Absorber gebeten. Das Ergebnis: Der vorgeschriebene Grenzwert direkt am Absorber wird um 20 Dezibel überschritten. Bürgermeister Bruno Metz erklärt: "Wir werden die Angelegenheit jetzt sofort angehen. Die Firma muss umgehend handeln" (Quellen: Badische Zeitung 31.01.2008).
- Am 27.06.2008 wird endlich die DEKRA mit einer Untersuchung
beauftragt. Auftraggeber: Landratsamt Ortenaukreis und Zweckverband DYN
A5. Die Rede ist von rund 50.000 Euro (Steuergeldern). Das Ergebnis der
Messungen vom 1. und 2. Juli 2008 wird am 23. September 2008 zunäachst
den Gemeinderäten und der BI-GP vorgestellt (ohne Gutachten). In der
"redaktionellen Endfassung", die am nächsten Tag freigegeben wurde,
stellt der Gutachter fest:
".. lässt sich zusammenfassen, dass die ermittelten immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungpegel sowohl im Tag- als auch im Nachtzeitraum über den in der [..] Genehmigung genannten Werten liegen". Zitat aus der Badischen Zeitung vom 26.09.2008: "Dekra-Akustiker Jürgen Hermann hat festgestellt, dass GP die in der Baugenehmigung festgelegten Grenzwerte nachts um 3,3 Dezibel und tagsüber um 4,6 Dezibel überschreitet. Die Ettenheimer Baurechtsbehörde fordert unter Androhung von Zwangsgeld vom Pelletsproduzenten rasche Verbesserungen". Auch die Nasshammermühle auf dem Rundholzplatz sei zu laut: "Erlaubt wären hier 90 dB(A), sie erzeugt jedoch eine Schallleistung von 112 dB(A)". Dieses Plus von 22 dB entspricht umgerechnet einer etwa 150-fachen (!) Überschreitung der genehmigten Schalleistung. - Ende Oktober 2008 wurde die DEKRA erneut beauftragt: Nach der "Umsetzung betriebs- technischer Maßnahmen" sollte der Schalleistungspegel der Bandtrockner gemessen und der "immissionswirksame" Schallleistungspegel des Gesamtwerkes "rechnerisch bestimmt" werden. Die Gewerbeaufsicht bat zusätzlich um eine "Abschätzung" der Auswirkungen der "derzeit eingesetzten" mobilen Vorzerkleinerungsanlage (Hammel VB 850 D) auf die Schall- immissionssituation. Die Messung erfolgte am 9. Dezember 2008. Weil das Gutachten (von den BI-Vorsitzenden) zum Gegenstand einer Petition gemacht worden sei, habe das Regierungspräsidium die Stadt Ettenheim angewiesen, die Ergebnisse weder dem Gemeinderat noch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Bericht wurde nach einer Odysse durch verschiedene Behörden bis in verschiedene Landesministerien letztlich dadurch freigegeben, dass die Entscheidung vom 15.04.2008 des Regierungspräsidiums zur Akteneinsicht der BI-GP am 14.05.2010 rechtsgültig wurde (nach Rücknahme der Klage von German Pellets gegen die Stadt Ettenheim). Bürgermeister Bruno Metz hatte hingegen keine Probleme, trotz dieses "Stillhalteabkommens" bereits vorher Teilergebnisse öffentlich bekannt zu geben (ESTAZ 25.02.2010). Ergebnis der Nachmessung: German Pellets ist weiterhin zu laut. Siehe dazu unseren Bericht.
- Die Badische Zeitung berichtet am 4. Februar 2010 von einer Selbstverpflichtung der Pellets-Firma, einen nach Bedarf eingesetzten mobilen Vorzerkleinerer nachts nicht mehr zu betreiben. Mahlbergs Bürgermeister Dietmar Benz sei davon noch nichts bekannt. Nach Informationen aus dem RP bestehe diese Selbstverpflichtung der Firma gegenüber dem Landratsamt Ortenaukreis als der für die immissionsschutz-rechtliche Überwachung zuständigen Behörde aber bereits "seit geraumer Zeit". Sie sei eine Reaktion auf die am 8. Dezember 2008 erfolgte Nachmessung durch die Dekra. Für Bürgermeister Dietmar Benz steht aber zweifelsfrei fest, dass in jüngster Vergangenheit nach wie vor nachts auf der Rundholzanlage mit Zerkleinerern gearbeitet wurde. Auch Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz habe um die Jahreswende selbst nächtliche Kontrollfahrten zum GP-Gelände unternommen und "dabei zumindest einmal feststellen müssen, dass Zerkleinerungsmaschinen in Betrieb waren". Geschäftsführer Peter Leibold habe sich ihm gegenüber überrascht gezeigt und noch einmal versichert, dass ein Nachtbetrieb von Zerkleinerungsanlagen auf dem Rundholzplatz unterbleiben würde.
Aktueller Stand: Obwohl German Pellets, vertreten durch seinen geschäftsführenden Gesellschafter Peter Leibold, seit über 3 Jahren Kenntnis von den Lärmproblemen (auch an seinen anderen Standorten) hat, überschreitet das Werk Ettenheim - durch (vom Steuerzahler bezahlten) Gutachten nachgewiesen - immer noch die Richtwerte für die angrenzende Wohnbebauung. Auch die Kritiker der BI-GP ("von Anfang unversöhnlicher Konfrontationskurs..", "..argumentiert dabei zuweilen unsachlich"), allen voran der Zweckverbandsvorsitzende Bruno Metz sollten nun endlich ihre Einstellung überdenken und bei der Unteren Baurechtsbehörde ansetzen! Das Ergebnis unserer Recherchen ist:
DYN A5 ist lärmtechnisch eine Fehlplanung
Vor dem Einbau der Absorber lag die Schallleistung der Bandtrockner bei 106 dB (BZ 22.02.2008). Die Bandtrockner sind ca. 420 m entfernt. Nehmen wir dann noch eine Hammermühle in 600 m Entfernung mit 112 dB(A) dazu und führen mit diesen Werten eine einfache Ausbreitungsrechnung nach DIN ISO 9613 durch, so erhalten wir für die Kronenstraße einen Immissionspegel von 50 dB(A), ohne Hammermühle sind es 45,4 dB(A). Hinweis: Bereits enthalten ist die Formulierung "immissionswirksamer" Schallleistungspegel. Das heißt, der "tatsächliche" Lärm darf viel mehr sein. Es darf somit nicht argumentiert werden, dass durch Abschirmung "weniger Lärm ankommt". Wenn man wie die Dekra (in ihrem Gutachten vom 23.09.2008) davon ausgeht, dass die Entfernung vom Mittelpunkt der Kontingentflächen aus gerechnet wird (Entfernung zur Kronenstraße dann 497,8 m) und pauschal jeder Quadratmeter mit 60 dB(A) Schallleistung belegt werden darf, erhält man (z.B. mit unserem Lärmrechner) den einer punktförmigen Schallquelle entsprechenden Schallleistungspegel Lw = 104 dB(A). Selbst hierbei errechnet sich für die Kronenstraße ein Pegel von 41,9 dB(A). Dies ist eine Überschreitung des für ein WA geltenden Richtwertes von 40 dB(A) und ein folgenschwerer Planungsfehler:Lärmkontingent von DYN A5 bereits mit einem Betrieb voll ausgeschöpft
Bereits durch die Lärmemissionen des Pelletwerks (ohne Rundholzplatz) wird im nächstgelegenen Wohngebiet (WA) der Richtwert von 40 dB(A) nachts überschritten. Die Weiterentwicklung des Industriegebiets DYN A5 wird durch die offensichtlich zu leichtfertig genehmigten Lärmemissionen eines einzigen Betriebes blockiert. So darf die neu gebaute ENI Tankstelle nur tagsüber betrieben werden. Wenn nun ausgerechnet Bürgermeister Metz dies als "bürokratischen Irrsinn" bezeichnet, muss man sich schon wundern. Die Wurzel des Problems liegt bei den fehlerhaften Genehmigungen. Jede weitere Ansiedlung von Betrieben wird den Immissionswert zwangsläufig weiter erhöhen. DYN A5 ist bei weitem noch nicht ausgebaut! Zudem gibt es in der Nähe weitere Industriegebiete ("Wolfsmatten", "Bengst", "Süße Matten"), die glücklicherweise ihren genehmigten Lärm (bisher) nicht ausschöpfen. Sollten die Betriebe sich zu einem späteren Zeitpunkt genötigt sehen, mehr Lärm zu verursachen, kann es ihnen vermutlich niemand verwehren: Goritzka stellt fest [2]: "Eine Beschränkung der Geräuschemission für die Industriegebiete, z.B. durch Emissionskontingente, ist in den vorhandenen Bebauungsplänen nicht ausgewiesen". Wie sich die Industrie-Ansiedlungen mit den genehmigten Werten auf die Wohnbebauung auswirkt, können Sie selbst mit unserem Kontingentierungs-Rechner nachvollziehen. Den Bürgern kann man es nicht anlasten, dass sie sich in Verantwortung für die künftigen Generationen zum Schutz ihrer natürlichen Lebensgrundlagen (vgl. Art. 20 GG) gegen die Auswirkungen einer Fehlplanung zur Wehr setzen.Verhindert German Pellets weitere Ansiedlungen?
German Pellets sieht offensichtlich wenig Veranlassung, freiwillig teure Lärmsanierungen vorzunehmen, schließlich wurde das alles so genehmigt. Die Zweckverbands-Vorsitzenden argumentieren, German Pellets sei in der Pflicht, schließlich sei das Werk jetzt mit einer Produktionslinie bereits so laut wie es ursprünglich mit zwei Linien geplant war. Wo wäre dann für die Anwohner der Unterschied? Man daraus auch schlussfolgern, dass die jetzige Lärmbelästigung der Anwohner von Anfang an so geplant war. Im Planungsfall wäre das Pelletwerk jedoch fertig gestellt: Ob der Betreiber dann überhaupt noch zu einer Nachbesserung bereit wäre, darf bezweifelt werden. Aber auch dann wären die Restflächen noch unbesiedelt. Man kann leicht den Eindruck bekommen, German Pellets muss jetzt herhalten, um von der Fehlplanung abzulenken. Nach dem ursprünglichen Bebauungsplan für "Rittmatten I" wäre eine gewerbliche Nutzung im Baugebiet "Rittmatten II" gar nicht mehr zulässig, wie folgende Auszüge aus dem B-Plan belegen:
Auszüge aus dem Bebauungsplan "Rittmatten I"
(bzw. aus der veröffentlichten, noch nicht rechtsgültigen Änderungs-Satzung zu Rittmatten I):- Nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB sind die Belange des Umweltschutzes und insbesondere die umweltbezogenen Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit in der Abwägung besonders zu berücksichtigen. Lärmschutz gehört zu den herausragenden Umweltaspekten in der Bauleitplanung.
- Selbstverständlich gehen von der Ausweisung eines Industriegebietes nachteilige Auswirkungen auf die Umgebungsbebauung aus. In der Bauleitplanung ist sicherzustellen, dass diese Werte nicht zu erheblichen Belästigungen führen und das Maß der Zumutbarkeit nicht überschreiten.
- Bereits im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans "Rittmatten I" wurde eine Lärmuntersuchung durchgeführt [1]. Für den Gewerbelärm wurden im Bebauungsplan "Rittmatten I" flächenbezogene Schallleistungspegel bestimmt und festgesetzt. Durch diese Festsetzung wurde sichergestellt, dass vom Gewerbegebiet keine unzumutbaren Lärmimmissionen auf die schutzwürdige Umgebungsbebauung ausgehen können.
- Im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplans "Rittmatten II" wurde festgestellt, dass beim Bebauungsplan "Rittmatten I" die Lärmkontingente zu "großzügig" verteilt wurden. Die im Bebauungsplan festgesetzten immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel haben zur Konsequenz, dass bereits durch die zulässige Bebauung und gewerbliche Nutzung in "Rittmatten I" die Immissionsgrenzwerte in der Nachbarschaft ausgeschöpft werden. Eine gewerbliche Nutzung im Baugebiet "Rittmatten II" wäre danach nicht mehr zulässig.
Quellen
- [1] Goritzka: Bericht 2334E1/07 vom 28.06.2007
- [2] Goritzka: Bericht 2228/06: "Gewerbliche Vorbelastung" für den Bebauungsplan "Rittmatten I bis III", Seite 8
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